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MiFID II: Die Veränderungen in der Researchindustrie

Die festgelegten Änderungen von MiFID II (= Markets in Financial Instruments Directive/Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente bzw. Finanzmarktrichtlinie), welche am 3.1.2018 in Kraft tritt, wird einen erheblichen Einfluss auf die Researchindustrie und alle involvierten Teilnehmer an den Finanzplätzen in Europa haben. Der globale Researchmarkt hat nach unterschiedlichen Studien eine Größenordnung von 5 bis 20 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Dies alleine zeigt schon die aktuelle Intransparenz. Die neue Richtlinie sieht vor, dass Banken und Vermögensverwalter externes Research in Zukunft als eigenen Kostenposition führen (P&L) oder die Kosten entsprechend an ihre Kunden weitergeben, so dass die gängige Praxis von Bundling-Geschäften der Vergangenheit angehört. Einige Marktteilnehmer sehen MiFID II noch in weiter Ferne, andere bereiten sich bereits intensiv darauf vor, da hier auch im großen Stil IT-Projekte zu Zwecken der Dokumentation etc. angestoßen werden müssen. Durch den Wegfall der Vergütung des Research durch Transaktionsgebühren und versteckte Gebühren, sind alle Anbieter von Research in einer härteren Wettbewerbssituation als zuvor, weil Investment- und Assetmanager anfangen werden, über die traditionellen Quellen hinaus Research einzukaufen oder eben eigene Research-Teams in-house aufgebaut werden. In der Vergangenheit sind die Budgets für den Einkauf von Research stark gesunken und auch die „Kostenlos“-Mentalität in den Köpfen der Marktteilnehmer hat ihren Teil dazu beigetragen, dass dem Research kein wirklicher monetärer Wert beigemessen wurde. Durch MiFID II sind die Marktteilnehmer nun gezwungen Research einen Wert beizumessen und entweder interne Kapazitäten aufzubauen oder Drittanbieter zu nutzen. Die entscheidende Frage wird sein, wie sich die steigenden Kosten auf der Kundenseite wiederfinden und ob Kunden überhaupt bereit sind sich an den Mehrkosten zu beteiligen. Großbanken und führende Investmentbanken, die bereits existierende Teams haben, könnten zu den Gewinnern gehören. Auch Spezialanbieter von Researchangeboten, wie z.B. Small- und Midcap-Research oder Nischenanbieter in Spezialsegmenten (z.B. Banking, Healthcare (BioTech etc.), Technology) dürften profitieren. Die breite Masse der Anbieter, die keinen Mehrwert liefern, dürften langfristig Schwierigkeiten bekommen, wenn das Geschäftsmodell nicht angepasst wird. Die Research-Kunden werden die Preisgestaltung und die Angebote beobachten und analysieren und am Ende Lösungen & Produkte einkaufen, die im Preis-Leistungs-Verhältnis Sinn ergeben oder eben auf den Kunden individuell zugeschnitten sind. 
Der Wettbewerbsdruck im Research wird zunehmen, da Kunden anfangen werden ein besseres Gefühl für den Wert des Research zu bekommen und eine natürliche preisliche Schmerzgrenze in den Köpfen entstehen wird, die nur für „Added Value Research“ oder „Customized Research“ überschritten wird. Dies führt natürlich dazu, dass bankenunabhängige Anbieter mit innovativen, preisgünstigeren und speziellen Angeboten, die großen und teuren Investmentbanken attackieren werden – theoretisch erhalten diese Anbieter erstmals wirklich Zugang zu den großen Asset- und Investmentmanagern der Welt. Durch die immer größere Konzentration des weltweit verwalteten Vermögens hin zu weniger Anbietern – aktuell managen ca. 100 Anbieter knapp 50% aller globalen Assets – sind diese Anbieter an Lösungen interessiert, die die tägliche Komplexität reduzieren und einfach sowie transparent sind. Am Ende wird MiFID II in mehreren Bereichen zu spannenden Entwicklungen führen. Zum einen wird der Umfang des verfügbaren Research zunehmen, da viele Marktteilnehmer Nischen und Teilbereiche ausbauen müssen, um zu überleben. Die führenden und weltweit aktiven Investmentbanken müssen ihre bisherigen Modelle des Bundlings umstellen und das Research mit einem Preisschild versehen, welches nicht niedrig ausfallen wird. Durch die klare Trennung von Transaktionsgebühren und Kosten für das Research, erhalten die Kunden am Ende eine klare Transparenz und werden sicherlich teilweise eingefahrene Abläufe anpassen. Zusätzlich werden führende Asset Manager in-house Lösungen favorisieren, so dass sich die Gesamtausgaben für Research tendenziell reduzieren werden – dies auch aufgrund des steigenden Wettbewerbdrucks und der Standardisierung von klassischem Research für Standardwerte. Es ist zu erwarten, dass die Asset Manager und Vermögensverwalter sehr selektiv Research einkaufen werden und auch hier zu Beginn viele verschiedene Anbieter testen, so dass kurzfristig mehr Research eingekauft bzw. ausprobiert werden wird, bis sich eine marktkonforme Preispolitik und die qualitativ besten Anbieter durchsetzen. Mittel- bis Langfristig sinken im Anschluss die Ausgaben für Research in den wichtigen Indizes, wie dem EuroStoxx50 oder dem Dax30 – in den Nischenmärkten und im Small- und Midcap-Bereich wird dagegen eine starke Konsolidierung einsetzen, aber die Ausgaben wahrscheinlich steigen. Entscheidend für alle Researchanbieter wird sein, einen möglichst hohen Standard zu etablieren, einen nachweislichen Track-Record aufzubauen und sich ein starkes Netzwerk und damit einen verlässlichen Zugang zu den globalen Investment- und Assetmanagern aufzubauen – hierzu gehören die Top 100 genauso wie die Family-Offices und alle weiteren Vermögensverwalter weltweit. Kreatives Liaison-Management, neue Formen des Marketings, neue Research-Ansätze, eine starke Lösungs- und Kundenorientierung in Kombi mit innovativen IT-Lösungen und ein starkes Branding sind notwendig, um langfristig erfolgreich zu arbeiten.

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